Wie Kinder Filme sehen
Zur Wahrnehmungsentwicklung bei Kindern
Bewegte Bilder, Musik und Töne umgeben unsere Kinder im modernen Medienzeitalter alltäglich. Sie interessieren, faszinieren und werden von Kindern aller Altersstufen instinktiv erfasst. Das gilt auch für Filme, die ihre Geschichten im Grunde mit vertonten Bildfolgen erzählen. Dabei ist es jedoch nicht unerheblich, wie alt die Zuschauer eines Filmes sind. Je nach Entwicklungsstufe bringen sie andere Erfahrungen, Fähigkeiten und Kenntnisse mit, die mitbestimmen, wie sie das Gesehene nachvollziehen können.
Kinder zwischen 4 und 5 Jahren
Hier spielt die Ich-Perspektive die tragende Rolle. Von ihr aus nimmt das Kind die Welt wahr, deutet und verarbeitet sie. Das Kind bezieht noch all sein Denken und Handeln in erster Linie auf sich selbst. Zwischen realen und erdachten Welten gibt es keinen Unterschied, so dass sich Kinder dieses Alters oft vollständig mit der Spielhandlung und den Filmfiguren identifizieren. Ein Verstehen sozialer Werte entwickelt sich erst. Außerdem ist es oft an Äußerlichkeiten geknüpft. So wird beispielsweise jemand als böse wahrgenommen, wenn er grimmig guckt, unsympathisch aussieht, anderen etwas wegnimmt oder kaputt macht. Passende Filme für diese Altersgruppe erzählen ihre Geschichten gradlinig, ohne Nebengeschichten und mit klaren, eindeutigen Aussagen. Kräftige Farben, rhythmische Musik, Reime und Wiederholungen, ebenso wie Übertreibungen unterstützen bei Kindern dieser Altersgruppe das Verständnis und die Freude am bewegten Bild und helfen gleichzeitig, das Gesehene in die eigene Wirklichkeit einzuordnen.
6- bis 7-Jährige
Kinder in diesem Alter beginnen differenzierter zu denken und entwickeln die Fähigkeit, abstrakte Zusammenhänge zu verstehen (z.B. das Zeichensystem beim Lesen und Schreiben aber auch jenes im Film). Sie entwickeln zunehmend die Fähigkeit zu kognitiver Verarbeitung von Sinneseindrücken. Mehrstufige Handlungen bzw. mehrere Handlungsstränge in einem Film überfordern sie nicht mehr. Sie können meist schon gut nachvollziehen, wenn Filme einen Perspektivwechsel oder Zeitsprung enthalten. Der Vergleich des Filmgeschehens mit eigenen Alltagserfahrungen steht nach wie vor im Vordergrund und sie erleben Filme weiterhin in erster Linie emotional.
Kinder im Alter von 8 bis 9 Jahren
Sie vermögen viele Dimensionen in ihr Denken einzubeziehen. Zusammenhänge werden umfassender verstanden und auch mit Blick auf ein soziales Miteinander haben sie bereits einen Erfahrungsschatz, der ihnen hilft, Gesehenes einzuordnen. Sie sind nun in der Lage in einem Film Auslassungen in der Handlung „mitzudenken“. Kinder in diesem Alter können auch Geschehen erfassen, das nicht mehr streng chronologisch dargestellt wird, sondern z.B. Rückblenden oder Parallelhandlungen einbezieht. Ihre bisherigen persönliche Erfahrungen mit Medien fließen beim Zuschauen und der Verarbeitung der Filmerfahrung ein.
10- jährige und ältere Kinder
Nun sind Kinder in der Lage, über die Faszination von Bild und Ton hinaus, innerlich Abstand vom Geschehen im Film zu nehmen. Sie erfassen z.B. Themen, die hinter der Filmgeschichte stehen, vermögen über das Gesehene nachzudenken und entdecken Wertvorstellungen und Lebensfragen, die in Filmen aufgeworfen werden. Auch interessiert jetzt immer mehr die Machart eines Filmes, das Nachvollziehen filmischer Elemente und welche Bedeutung sie für den Inhalt haben könnten, sowie der Vergleich mit Filmen mit ähnlichen Geschichten.