Gewalt im Film - ist das schädlich für mein Kind?
Gewalt im Film wird, je nach Filmgeschichte und –genre, recht unterschiedlich dargestellt. Welche Wirkung sie auf Kinder hat, hängt sehr wesentlich von Thema und dem Zusammenhang einer Gewaltszene in der Geschichte ab. Aber auch mit welchen Mitteln die Szene gestaltet ist, spielt eine Rolle.
Bedeutend ist, ob sich Kinder erklären können, warum z.B. eine Person zornig um sich schlägt, wütend etwas zerstört oder jemanden mit Worten beschimpft oder erniedrigt. Gibt es für Kinder hierfür Anhaltspunkte, so erleben sie Gewalt als Bestandteil der (filmischen) Realität, können sie einordnen und mit ihrer bisherigen Lebenserfahrung sowohl unbeschadet aushalten als auch – allein oder mit Unterstützung ihrer Eltern – verarbeiten. Vorsicht geboten ist jedoch bei Filmen, die Gewalt als reinen Selbstzweck darstellen, deren Bilder brutale Vorgänge detailreich und ausführlich beschreiben.
Hierbei stellt sich auch die Frage, welche Perspektive die Kamera auf die jeweilige Gewaltszene vermittelt. Wird die Gewalt aus Sicht des Täters oder aus der Sicht des Opfers dargestellt? Mit wem fühlen oder leiden die Zuschauer mit? Wird Gewalt in ihren verletzenden Folgen gezeigt oder erzählt der Film davon, dass man durch den Einsatz der Ellebogen und Brutalität ans Ziel kommt? Denn es macht einen Unterschied, wie und warum von Gewalt erzählt wird, wenn man über die Folgen seiner Darstellung spekuliert. Film kann durchaus auch Gegenpositionen zur Gewalt zeigen. Doch dazu kann er auf harte Szenen manchmal eben nicht verzichten.
Märchenfilme und mythologische Geschichten beinhalten bösartige Wünsche oder Zaubermittel, um das Gegenüber von Gut und Böse zu beschreiben. Der Zauberknüppel aus „Tischlein, deck dich“ und die „Bremer Stadtmusikanten“, die die Räuber aus ihrem Haus prügeln, handeln für die Guten. Da ist der Puppentrickfilm ebenso wie die reale Inszenierung der literarischen Erzähltradition verbunden, die Kinder zuvor bereits durch Märchenbücher erfahren haben. Der Film greift ein bekanntes Muster auf und gestaltet es neu. Beim Zuschauen wissen Kinder, dass in Märchen die Bösen bestraft und besiegt werden und dass die angewandten Mittel andere sind, als im eigenen Leben. Sie wissen um den positiven Ausgang der Geschichte und verarbeiten im Vertrauen darauf bereits im Vorschulalter das Gesehene.
Häufig greifen animierte Filmgeschichten Handlungsfolgen auf, in denen gekämpft oder geschlagen wird, entweder als direkte Kampfhandlung oder in symbolischen Wettkämpfen. Stellen die Zeichner oder Modellbauer die Filmfiguren comicartig oder auffällig überhöht als wenig reale Wesen dar und statten Drehbuchschreiber die Charaktere phantasievoll mit besonderen Fähigkeiten aus, so dass sie kaum Berührungspunkte mit der kindlichen Realität haben, sind solche Darstellungen für Kinder eindeutig als lebensfern einzuordnen. Ist die Szenerie allerdings in schnellen Schnittfolgen als unaufhörliches Bild- und Tonfeuerwerk dargeboten, sind junge Zuschauer hier mitunter überfordert.
Nicht fehlen sollen an dieser Stelle dokumentarische Filme, die über reale Gegebenheiten berichten. Naturfilme beeindrucken durch ungewöhnliche Bilder, die die Gesetzmäßigkeiten der Natur wiedergeben. Neu geborenes Leben sowie erfolgreiche Beutejagd gehören gleichermaßen dazu. Hier können Tiere immer noch faszinieren, aber auch durch ihr instinktiv brutales Verhalten als beängstigend erlebt werden.
Soziales Leben aus fernen Kulturen rückt durch einen Kinofilm nah ran an die Lebenswirklichkeit von Kindern - besonders wenn Gleichaltrige zu Hauptfiguren werden. Werden sie beispielsweise von Älteren ausgenutzt oder unterdrückt, von Stärkeren bedroht, bedrängt oder belästigt, so erleben Kinder dies ganz intensiv. Im Dokumentarfilm, aber auch in Spielfilmen, kann Gewalt Teil kindlicher Realität sein. Damit Kinder dieser Filminhalte angemessen verarbeiten können, ist das Gespräch mit anderen ganz besonders wichtig.
Medienwissenschaftler haben folgendes festgestellt: die Wirkung eines Medienangebots ist von zwei Voraussetzungen abhängig. Welche Haltung nimmt der Zuschauer zum Film ein, wenn er ihn anschaut und welche Vorerfahrungen zum Thema hat er bereits aus seinem Lebenszusammenhang. Kinder, in deren häuslichem oder schulischem Umfeld ein rauer Umgangston herrscht, die beteiligt oder Zeuge sind an Situationen, in denen Kinder sich raufen oder prügeln, um ihre Interessen durchzusetzen und Konflikte zu lösen oder deren Eltern beispielsweise mit Gewalt strafen, haben eine völlig andere Grundsituation für ihr Filmerleben als Kinder ohne diese Erfahrungen. Man sollte auch schauen, wie ein Kind veranlagt ist. Denn je nachdem, auf welches Kind ein Film trifft, löst er unterschiedliche Gefühle und Gedanken aus. Neigt es zu aggressivem verhalten oder hat es kein stabiles soziales Umfled, so wird gewaltsames Verhalten eher aus Mediendarstellungen übernommen.
Eltern können und sollten Filme, zum Anlass nehmen, mit ihren Kindern über Gewalt zu reden. Gemeinsam mit dem Nachwuchs lässt sich das Verhalten von Filmfiguren beurteilen und lassen sich konfliktvermeidende Handlungsweisen entwickeln, für die Filme oftmals Vorbilder liefern.