Man merkt deutlich, dass bei dem dritten Harry-Potter-Film ein neuer Regisseur am Werk war - und es hat dem Film gut getan! Trotz aller spannenden und unheimlichen Szenen, hatten die ersten beiden Harry-Potter-Filme doch etwas sehr Märchenhaftes, waren manchmal fast ein bisschen kitschig. In „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ schleicht sich langsam mehr Düsterkeit und Realismus herein, alles wirkt ein bisschen „echter“. Das beginnt zum Beispiel damit, dass wir nicht gleich mit Harry in der Winkelgasse landen, sondern eine rasante Busfahrt durch das muggelbewohnte London erleben. Aber auch die vielen Außenaufnahmen lassen die magische Welt realistischer erscheinen, selbst so eine scheinbare Kleinigkeit wie die Tatsache, dass wir Harry und seine Freunde nur noch selten in Schuluniform sehen. Plötzlich wirken sie viel mehr wie gewöhnliche Jugendliche – auch wenn sie ungewöhnliche Kräfte besitzen. Auffällig ist auch die Kameraarbeit: Fast nie scheint die Kamera stillzustehen, wie ein lebendiger Beobachter schwirrt sie durch die Szenen und zieht uns in die Handlung hinein. Diese ist spannender als je zuvor, da wir von Anfang an wissen, dass Harry in großer Gefahr ist.
So ist der dritte Harry-Potter-Film auch der erste, der erst ab 12 Jahren freigegeben ist. Vor allem der Anblick der Dementoren ist nichts für schwache Nerven: Diese unheimlichen Gefängniswärter saugen den Menschen alle glücklichen Gefühle aus - das sieht man ihnen regelrecht an. Aber auch der wilde Gesichtsausdruck von Sirius Black ist wahrlich furchteinflößend.
Wenn dir der zweite Harry-Potter-Film nicht schon zu spannend war, du 10 oder 11 Jahre alt bist und vielleicht auch schon das dritte Buch gelesen hast, dann könntest du den Film zusammen mit deinen Eltern trotzdem anschauen, wenn sie damit einverstanden sind. Warum das geht, kannst du hier nachlesen. Ansonsten warte lieber, bis du 12 bist - und mach dir mit ein paar Freunden einen schönen DVD-Abend.
Als erster Harry-Potter-Film bekam der „Gefangene von Askaban“ eine Freigabe ab 12 Jahren - die meisten Eltern werden sich höchstens darüber wundern, warum man nicht schon bei „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ so entschieden hatte. Es ist möglich, das die unterschiedliche Einstufung mit der Einführung der Parental-Guidance-Regelung in Zusammenhang steht. Diese Regelung wurde im Jahre 2003 im Zuge der Novellierung des Jugendschutzgesetzes für Filme geschaffen, also just in dem Jahr zwischen dem Erscheinen des zweiten (2002) und dritten (2004) Potter-Films. Die PG-Regelung erlaubt es auch schon Kindern ab 6 Jahren einen Film mit der Freigabe ab 12 zu sehen, wenn sie dabei von einer personensorgeberechtigten Person begleitet werden.
Um die Nützlichkeit dieser Regelung würdigen zu können, muss man sich zum einen vor Augen halten, welche immensen kognitiven Entwicklungen sich zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr vollziehen - immerhin umfasst dies den Zeitraum vom Schuleintritt bis zum Erreichen der sechsten Klasse! Weiterhin muss man bedenken, dass die FSK sich bei der Zuweisung von Altersfreigaben nach den jüngsten Jahrgängen einer Gruppe richten muss und - wie Sie auf den Internetseiten der FSK nachlesen können - „nicht nur durchschnittliche, sondern auch gefährdete Kinder und Jugendliche zu berücksichtigen“ hat. So hätte - um das Problem an einem Beispiel zu verdeutlichen - die FSK bei einem Film, der für 10-Jährige bestens geeignet, für 6-Jährige aber stark ängstigend wäre, keine andere Wahl gehabt, als eine FSK 12 zu vergeben - und hätte damit einen Teil der eigentlichen Zielgruppe vom Filmbesuch ausschließen müssen. Damit konnten Konflikte - auch mit aufgebrachten Eltern an der Kinokasse - kaum vermieden werden.
Die neue Parental-Guidance-Regelung erlaubt es nun der FSK, durch eine Freigabe ab 12 Jahren die jüngeren Jahrgänge und die gefährdeten Kinder zu schützen, ohne zugleich allen Kindern der großen Altersgruppe den Zugang zum Film zu verwehren. Eltern sind in ihrem Recht gestärkt, selbst beurteilen zu können, wie medienkompetent ihr Kind bereits ist und welche Inhalte ihm zugemutet werden können - gleichzeitig sind sie damit natürlich auch stärker in die Verantwortung genommen. Nur weil der Filmbesuch von FSK-12-Filmen ab 6 Jahren nun (unter den genannten Voraussetzungen) möglich ist, ist er ja beileibe nicht immer sinnvoll.
Es ist zu vermuten, dass die FSK sich zum Schutze der jüngeren Kinder vorsichtshalber auch bei „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ für eine Freigabe ab 12 Jahren entschieden hätte, wenn es im Jahre 2002 die Parental Guidance-Regelung schon gegeben hätte - bei der Begründung der Altersfreigabe wurde die Schwierigkeit der Entscheidung immerhin vom Ausschuss selbst betont. Siehe hier: http://www.spio.de/index.asp?SeitID=235
Zwar gibt es bei „Der Gefangene von Askaban“ gegenüber dem zweiten Film schon insofern eine Spannungssteigerung, als dass er inszenatorisch wesentlich realistischer ausgefallen ist und von Beginn an eine Gefährdung Harrys konstatiert wird; auch ist die Visualisierung der Dementoren besonders unheimlich. Als weitere Szenen mit potentiell ängstigendem Inhalt ist der scheinbare Tod des Hippogreifs Seidenschnabel zu nennen, der vermeintliche Verrat durch den Lehrer Lupin, der sich mit dem angeblichen Mörder Sirius verbündet, wie auch Lupins Verwandlung in einen gefährlichen Werwolf.
Versteinerte Schüler, gigantische menschenfressende Spinnen und ein tödlicher Basilisk wie im zweiten Teil der Harry-Potter-Saga sind jedoch sicher nicht weniger bedrohlich. In beiden Verfilmungen wird das Angsterleben aber dadurch gemildert, dass die jungen ZuschauerInnen beruhigt davon ausgehen können, dass die drei Freunde ihre Abenteuer unbeschadet überstehen werden.
Während also die FSK-12-Freigabe für „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ absolut berechtigt ist, spricht sie nicht kategorisch gegen ein Sehen des Films in jüngeren Jahren. Da die Harry-Potter-Filme konsekutiv an Spannung zunehmen, sollten Sie bei einer Entscheidung für oder gegen das (gemeinsame) Filmsehen die Erfahrung des Filmerlebens beim zweiten Teil (Harry Potter und die Kammer des Schreckens) berücksichtigen. Wie bei diesem ist aber von einer Sichtung des Films vor 10 Jahren eher abzuraten.
Weitere Informationen zu diesem Film finden Eltern und Pädagogen auf kinofenster.de.
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Dieser Film hat von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) das Prädikat
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